Alexander war viel größer und vermutlich auch schöner als ich. Erst ging er eine Woche mit Andrea und dann eine Woche mit Marie, immer abwechselnd. Soll er doch, dacht ich mir, solange er seine langen knöchernen Finger von Jana lassen würde. Jana und Weingummis in Form von Cola-Flaschen war alles an was ich in dieser aufregenden Zeit denken konnte und rein zufällig, stand Jana auch auf Weingummis in Form von Cola-Flaschen. Ich liebte ihr dabei zuzusehen wie sie auf ihnen herumkaute und ihr Schmatzen war für mich reinste Befriedigung. Selbstverständlich würdigte sie mich keines Blickes, vermutlich wusste sie nicht einmal meinen Namen. Ich war schon immer der klassische Außenseitertyp, der maximal einen Kumpel hatte, der der einzige Grund war, warum ich beim Sportunterricht nicht als letzter gewählt wurde.
Auf den Trägern ihres Rucksacks standen, mit weißem Edding geschrieben, Buchstabenfolgen wie H.D.G.D.L und sie zeichnete Diddl-Mäuse auf dem dazu passenden Papier, die sie dann mit ihren Freundinnen tauschte. Einmal kaufte ich von meinem Taschengeld einen Bleistift mit Diddl-Maus-Aufdruck, der am Ende einen Radiergummi hatte, der nach Erdbeere roch.
Ich legte ihn ihr auf den Tisch, als ich der letzte war, der zur Pause das Klassenzimmer verließ und freute mich auf ihre Reaktion. Als dann die Pause vorüber war und sie den Stift auf ihrem Platz fand, zeigte sie ihn sofort ihrer Freundin, sah zu Alexander und fing an zu tuscheln. Alles verlief also genau nach Plan, wie immer.
Im Klassenzimmer saß ich ihr schräg gegenüber, da unsere Tische in Form eines Hufeisens aufgestellt waren, aber es gab einfach keinen Grund für sie je in meine Richtung zu sehen, es sei denn, Alexander, der zwei Tische neben mir saß, machte wieder eine von seinen superlustigen Bemerkungen, die natürlich wieder die gesamte Klasse in lautes Gelächter ausbrechen ließ. Ich hasste ihn. Es war, als würde das Hufeisen an der Stelle, wo mein Kumpel und ich saßen, ein Loch haben. Egal von welcher Seite Arbeitsblätter durchgegeben wurden, wir bekamen sie stets als letzte. Meine Versuche ihre Aufmerksamkeit zu gewinnen scheiterten kläglich und ein paar Wochen später sah ich sie händchenhaltend mit Alexander über den Pausenhof flanieren. Sie schrieben sich kleine Zettelchen während des Unterrichts, die sie natürlich mit dem Bleistift schrieb, den ich für sie gekauft hatte, aber diesmal schien das Loch für die Weitergabe für einen kurzen Moment aufzuhören zu existieren, und fing an Teil eines streng geheimen Übermittlungssystems zu sein. Alles was ich noch tun musste, war den richtigen Moment abzuwarten. Als ich es schließlich schaffte, einen der Briefchen zu öffnen, radierte ich vorsichtig die Drei hinter der Eins weg und schrieb dafür eine Fünf. Mädchen hassten es wenn man sie versetzt. Lieber Alexander, hiermit entschuldige ich mich aufrichtig für mein Verhalten, und falls du das hier liest, ÄTSCHI BÄTSCH.
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