Dienstag, 2. Juli 2019

Einlochen?!

Ständig hatte ich den Mund voll von scharfen Mentholkaugummis, um im richtigen Moment vorbereitet zu sein. Einmal stand sie vor mir am Billardtisch, presste ihren Körper gegen meinen, und forderte mich zu einer Partie auf. Sie flüsterte mir ins Ohr, dass sie jetzt richtig Lust hätte auf "Einlochen", also nahm ich mir selbstbewusst das Stück Kreide, rieb damit die Spitze des Queues ein, und antwortete ihr, dass sie sich auf etwas gefasst machen könne. Erst als ich das Spiel gewonnen, und ein paar Jahre später darüber nachdachte, wurde mir meine Niederlage bewusst. Im Alter von 16 Jahren waren die meisten schon weiter als ich. Sie erzählten von wildem Petting und Knutschereien, und ein paar der Jungs klauten sogar regelmäßig, die getragenen Höschen ihrer Freundinnen. Mein Kumpel und ich verbrachten Nachmittage damit Altpapier-Container nach Schmuddelheften, mit Namen wie "Praline" und "Blitzillu", zu durchsuchen, oder lagen mit Taucherbrillen auf dem Grund des Schwimmbeckens. Nur ein Mal wollten wir eines dieser Mädchen küssen und berühren, doch falls jemand von uns den Mut aufgebracht hätte sie anzusprechen, hätten wir außer einem gestotterten "Ha-ha-hallo-o", vermutlich nichts zustande bekommen. Sie machten uns mit Lipgloss und bauchfreien Oberteilen völlig verrückt. Sie dufteten nach Parfüm und Hubba-Bubba, nach Phantasie und dem letzten gemeinsamen Sommer. Zwei Jahre später sollte ich dann, nach einer Stunde tolpatschigem Auf-und Abgerutsche, freundlich darauf hingewiesen werden, dass sie sich langsam etwas langweile. Das Leben war neu, es war aufregend, und schön, und voll von Möglichkeiten. Eine gute Zeit.

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