Montag, 4. Mai 2020

Sie ist weg

Vermutlich hatte sie Recht, aber ich war betrunken und liebte sie. Ich hätte es ihr ins Gesicht sagen sollen, einen Brief schreiben und Blumen schicken, einen Raben, oder zumindest eine Brieftaube, weiß der Geier, doch ich entschied mich für die modernste und zugleich unromantischste Art und schrieb ihr per Chat. Nachts. Klassisch. Ich schrieb: „Ich liebe dich.“, und das tue ich noch immer. Keine Antwort. Nichts. Ich dachte, okay, wenn sie sich nicht meldet, hat sie vermutlich keine Lust und ich beließ es dabei. Es gibt genügend Arschlöcher da draußen, soll sie sich doch ein anderes suchen. Zugegeben, ich bin etwas außer Form. Jemandem zu sagen, dass man ihn liebt, bedarf einer gewissen Ernsthaftigkeit, und die Götter wissen wie schwer mir es fällt diesen Satz zu sagen. Ich weiß nicht, wie sie mich dazu brachte, dass ich mich in sie verliebe, wahrscheinlich war es das Chaos, das ständige Hin- und Her, die Ungewissheit, oder einfach nur ihre Atmung, die sich mit meiner synchronisierte, als ich sie in meinen Armen hielt und sie schlief und ich ihr über den Kopf streichelte. Wie dem auch sei, ich habe bekommen, was ich verdiene. Sie ist weg.

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