Montag, 4. Mai 2020

Alleine?

Ich war also völlig alleine und  ging  vor die Tür. Ich wollte etwas erleben, wobei etwas erleben nicht ganz stimmt. Eigentlich wollte ich nur meine Ruhe, etwas trinken, Musik hören und ein wenig die Reaktionen der Leute beobachten, wenn einer an einem Freitagabend ohne Begleitung in der Kälte sitzt, trinkt und Mister Chuck Berry rauf und runter spielt. Ich nahm also meine tragbare Musikbox, steckte sie mir in die Innentasche meiner Lederjacke und besorgte mir eine Flasche Gin mit Tonic. Auf den Latten der Holzbank hatten sich bereits Eiskristalle gebildet und wenn man hinter einer Gruppe Menschen herumlief, sah es aus, als würde man einer alten Dampflock folgen. Ich stellte die Musik an und begann zu trinken. Wenn ich alleine trinke, trinke ich sowieso immer etwas schneller, aber mit Musik kippte ich einen Becher nach dem anderen. Nach dem fünften oder sechsten Becher stand ich auf und fing an mich zur Musik zu bewegen. Ich ließ meine Hüften kreisen und versuchte so cool wie möglich zu wirken. Ich musste großartig dabei ausgesehen haben. Ein 1,93m großer und 210Pfund schwerer Kerl, In schwarzer Lederjacke, schwarzer Jeans, schwarzem Hemd und schwarzen Schuhen, tanzt mutterseelenalleine unter dem Licht einer einsamen Laterne zu Chuck Berry. Einige der Passanten, insbesondere die älteren Jahrgangs, lächelten und winkten mir zu, während andere mit dem Finger auf mich zeigten. Aber das war mir egal. Bald würde mein dritter Gedichtband erscheinen und ich hatte Gin und ich hatte Berry. Was konnte mir schon passieren?!

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