Dienstag, 15. September 2020

Hurra

Wie war das noch gleich mit der Relativität? Naja, egal. Das Einzige, was mir noch schwer fällt, ist diese anerzogene Freude auf das Wochende loszuwerden. Eine Freude auf ein imaginäres Ende eines imaginären Zyklus. Der Grundpfeiler unserer durchorganisierten Gesellschaft. Hurra. Für mich beschränken sich die Tage in ihrer Bedeutung, ob der Supermarkt geöffnet hat, oder nicht. Ihre Namen sind völlig unwichtig. Sich an einem bestimmten Tag, an einem bestimmten Ort zu einer bestimmten Uhrzeit zu treffen, ist für meine derzeitige Situation nicht nötig. Ich kenne niemanden und möchte niemanden kennenlernen. Natürlich gibt es ein bis zwei Ausnahmen, doch diese sind zumeist spontaner Natur, sodass ich, wenn ich möchte, ebenfalls spontan, mit angemessener Ablehnung reagieren kann. Wie dem auch sei. Die Tage scheinen sich in einer gleichmäßig vorüberziehenden Strömung aufzulösen. Sie verlieren ihre Festigkeit, das, was sie zu einem eigenständigen Individuum hat werden lassen. Ein Freitag zum Beispiel, könnte man durchaus als einen der stärksten Tage von allen bezeichnen, klingt in ihm doch das Wort "frei" mit. An diesem Tag befreien wir uns von den übrigen, bis uns die untergehende Sonne am Sonntag langsam suggeriert uns wieder mit dem abzufinden, was uns unweigerlich bevorsteht. Ich hingegen habe es beinahe geschafft, mich von dem Benennen der Zeit vollkommen zu lösen. Die Sonne geht auf, die Sonne geht unter, und dazwischen werde ich sterben. Doch vermutlich kommt alles ganz anders. Sobald es von mir erwartet wird, werde ich wieder den Sattel der Zeit besteigen, und um sieben Uhr morgens in irgendeinem heruntergekommenen Laden stehen, und dir sagen, in welchem Gang du den  Gin findest, von dem sich zuhause die Flaschen stapeln. Hurra.

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