Dienstag, 6. August 2019

Bienenstich&Pils

Sie hielt die Zigarette mit Daumen und Zeigefinger, steckte sie sich vorsichtig zwischen die Lippen und zündete sie sich an.
Es sah ein wenig so aus, als hätte sie vergessen wie man raucht, oder wie man dabei möglichst lässig aussieht, doch vermutlich war ihr das völlig egal. Genauso, wie es egal war, ob sie in ihrem Alter rauchen würde, oder nicht. An Krebs würde sie jedenfalls nicht sterben, wenn sie ihn nicht schon haben würde. Ein Hitzschlag, Herzinfarkt, oder ausnahmsweise auf natürlichem Wege, wäre eine weitaus realistischere Möglichkeit. Vielleicht, würde sie sich auch an einem großen Stück Bienenstich verschlucken, und ersticken, aber den gibt es nur montags, und nur dann, wenn alle anderen Damen ihres Stockwerks auch mit am Tisch, vor dem kleinen Café, sitzen. Die Wahrscheinlichkeit in Gesellschaft zu sterben ist wesentlich geringer, und wer hat schon Lust  an einem Montag zu sterben. Ich denke oft über das Sterben nach, wenn ich einkaufen gehe, und wie man sich fühlen muss, wenn man siebzig, achtzig, oder sogar neunzig Jahre gelebt und erlebt hat. Ich weiß nicht, ob Älterwerden oberste Priorität haben sollte, für mich spielt Qualität eine viel wichtigere Rolle. Aber das sagt sich natürlich einfach, mit dreiunddreißig, und Single, ohne Familie und Verpflichtungen. Bis jetzt habe ich in meinem Leben so gut wie nichts erreicht.
Ich gebe den klassischen Versager, ein Träumer, der am liebsten liegt. Und wäre mein Leben morgen vorbei, hätte ich mir nichts vorzuwerfen, außer, dass ich manchmal nicht zur richtigen Zeit am richtigen Ort gewesen bin. Ich kann mir nicht vorstellen eines Tages  mit all den andern Alten am Tisch zu sitzen, aber sitze heute mit euch, und trinke Pils. Alles nicht so einfach.
Eigentlich, möchte ich gar nicht alt werden, nur um alt zu werden. Wenn ich nichts weitergeben, oder hinterlassen kann, ist es völlig ok zu gehen. Es wird ja stetig schwerer, egal, in welchem Lebensabschnitt man sich befindet. Wenn ich also das nächste Mal einkaufen, und an dem kleinen Café vorbeigehe, und die alte Dame ihre Zigarette mit Daumen und Zeigefinger hält, während sie sich sie anzündet, dann werde ich mir ebenfalls eine Zigarette anzünden. Und falls es ein Montag sein sollte, werde ich Pils kaufen, und auf dem
Rückweg ein großes Stück Bienenstich, und ich werde mich zu ihr setzen, und sagen: "Hallo, Frau Noriker, wie geht es Ihnen denn, ich habe Ihnen eine großes Stück Bienenstich gekauft, und mir ein Pils, ich glaube, später soll es noch regnen."

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